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Es werden Posts vom Juni, 2020 angezeigt.

Frühstück am Ende des Tentakeltages. Von Andreas Topf

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Wieder einmal weckt mich die gleißende Sonne, die sich ihren Weg durch die minimalen Schlitze des fast gänzlich geschlossenen Rolladens in mein Zimmer bahnt. Es sind Sommerferien und der Faktor Zeit ist für neun Wochen angenehm relativ. Schlaftrunken tapse ich die Stiegen aus dem herrlich kühlen Kellerzimmer hinauf in die Küche. Die intensive Ladung Licht verengt meine Augenlider zu Schießscharten. Welch ein Glück, dass die Zubereitung meines Frühstücks ohne Inbetriebnahme des Großhirn funktioniert. Teller, Milch, Cerealien fügen sich wie von selbst zusammen. Erst jetzt bemerke ich meine Mutter, die mich aufmerksam beobachtet. „Was machst du da?“ fragt sie mich. Also ob sie mein morgendliches Ritual nicht kennen würde. „Frühstück.“ Meine Intonierung ließ erkennen, dass ich an ihrem Verstand zweifelte. Meine liebende Mutter quittierte es aber mit einem Lächeln und verschwand. Dann kamen Selbstzweifel auf. Während ich meine Milchsuppe löffelte und meine Augen sich zögernd immer weiter ö

Vom Vorteil der Ungenießbarkeit. Fliegenfischen in Ansfelden. Von Klaus Buttinger

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  Foto: Weihbold   Ansfelden. Zwei Steinwürfe vom dichtest befahrenen Autobahnabschnitt in Oberösterreich, ein Steinwurf von der buntesten Agglomeration von Baubedarfsselbsthilfetempeln entfernt fließt die Krems Richtung Traunfluss. Ihr Wasser befindet sich zwei Meter tief eingegraben in die sie umgebenden Maisäcker. Ein dünner Korridor aus Büschen und Bäumen dämpft die Geräusche der menschlichen Rastlosigkeit zu einem Hintergrundrauschen. In dem tiefen, grünen Tal kann man für wenig Geld fliegenfischen. Ich bin gerne dort, fange aber meistens nichts. Das liegt an den faszinierenden Begegnungen, die man in dieser Alltagsoase hat. Sie halten einen von der Jagd nach Schuppensilber ab. Da hüpft eine Wasseramsel mit ihrem charakteristischen weißen Brustlatz um die Flusssteine. Ein blauer Blitz saust vorbei – ein Eisvogel taucht nach einem jungen Schneider. Langsam schlängelt sich eine ausgewachsene Ringelnatter mit erhobenem Kopf auf mich zu. Ich stehe bis zu den Knien im langsam f

Schilling und Stromausfall. Von Cordula Meindl

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Es ist ein Sommertag, wir sind im Volksschulalter, gerade da, bevor das Leben irgendwie zu ernst wird und einen pubertäre Leidenschaften plagen. Es ist ein Tag mitten in den Sommerferien, so Ende Juli, bevor einem doch ein wenig fad wird in den Ferien. Es ist heiß, aber nicht so Klimawandel-2-Wochen-lang-38-Grad-heiß, sondern 33 bis 35 Grad. Das Gras ist so richtig dunkelgrün, die Sommergerste ist noch nicht geerntet und wogt goldgelb unter dem blitzlauen Himmel. Wir stehen spät auf, aber weil wir ja Kinder sind, ist spät um 7:30 Uhr herum. Die Wiese ist noch feucht vom Tau, ich steige auf eine Nacktschnecke - aber das ist auch schon das ziemlich Schrecklichste, was an diesem Tag passiert. Wir spielen Räuber und Gendarm oder bauen ein Lager im Wald am Bach, vielleicht spielen wir auch Playmobil unterm Nussbaum und verlieren die letzten paar Goldmünzen vom Piratenschatz im hohen Gras. Die Mutter werkt in der Küche und macht uns einen Kirsch- oder Heidelbeerstrudel, vielle