16 Göttinnen. Von Stephan Roiss
Foto: Tortoma
Ich komme aus einer fernen Zukunft, in
der die Menschen als diejenigen gelten,
die den Dinosauriern folgten und die Erde
etwas langweiliger machten. Zwar wissen
wir Heutigen auch, dass die Menschen sehr
blöd waren und das Unheil zelebrierten, aber
das ist nicht weiter von Belang. Ich frühstücke
tonnenschwere Früchte und Ambrosiakoks.
Samstags gibt es Pudding. Heute ist Samstag.
Vierundsechzig extrem heftige Tiere sind mit
mir befreundet. Ich kenne einen Zauberspruch,
der schlechten Wein in eine Holzfeile verwandelt.
Am Vormittag heiße ich Lokomotive Labbadia,
am Nachmittag Scheißerhase. Ja, das ist cool.
Ich sammle nicht bloß gefrorene Blitze in einer
Halle am Hauptplatz der Galaxis, sondern habe
zudem mein Ego einem Wasserfall nahe Toronto
anvertraut. Wenn ich Zeit zu lesen finde - und die
finde ich, sobald ich suche - lese ich in den Gehirn
strömen von Plastilinfiguren, in den Augen eines
Flugfähigen, in den fabelhaften Tagebüchern von
Sara Mega, in den Sternen, im Donauland-Katalog.
Ich weiß, wieviele Jahresringe Yggdrasil hat. Mit
allen männlichen Heiligen durfte ich schlafen und
ich sage euch, die stellen sich geschickter an als
landläufig vermutet wird. Alle haben Raum und der
Raum spricht Einladungen aus. Wir sind farbenblind
und bunt, verschenken Ausweise an imaginäre Feinde.
Schmerzen kommen bei uns nicht ins Museum. Dort
stehen bereits Schlachthöfe, Frostherzen, Globen und
Formulare, mehrere Sorten Joghurt für Drohnen, sowie
die Angst vor der Angst vor der Angst und alles damit
Verwandte. Wir bewerten nur Y-Situationen und meinen
damit nichts, wo man einhaken könnte. Körper werden
ebenso wenig bewertet wie Drumsound, Momente oder
Luft. Unnötige Arbeit. Ist ja alles da und ordentlich geil.
Falls es euch interessiert: Die Erde wird sich von euch
erholen, aber das werdet ihr nicht mehr mitbekommen.
Falls es euch interessiert: Einen Gott gab es nie, dafür
- für kurze Zeit - sechzehn Göttinnen. Unabhängig davon
lächeln die Dinge und der Frieden ist spektakulär. Nun
aber zurück zu mir oder dem, was von mir übrig ist:
Stephan Roiss: *1983. Ottensheim, Graz, vorerst niemals Chicago. Autor & Vokalist. Unter anderem bei "Fang den Berg" und "Äffchen & Craigs". Hat soeben das Stifter-Stipendium bekommen, gemeinsam mit der Herausgeberin, die damit zwecks Egotraining sehr antuscht.
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