Über das Glück in glücksnahen Zeiten. Oder: Wie hieß früher der Vesuv? Von Dominika Meindl




Ich stelle mir die Reise ins vergangene Glück wie einen therapeutischen LSD-Trip vor. Ein Samstag in den späten 1980ern. Meine jüngste Schwester und ich wurden baden geschickt, jetzt sitzen wir mit Handtuchturban, nach Fichtennadelschaumbad duftend, in Pyjamas auf der schiachen Schnürlsamtcouch und sehen Harald Juhnke dabei zu, wie er mit der Sicherheit eines Drunken Master Kungfu-Kämpfers die lange Showtreppe herunteroszilliert. Es kann auch Peter Alexander sein, der sich als Lady Diana verkleidet. Oder, am besten: Hans Joachim Kulenkampff fragt einen grauen Menschen nach dem Namen des Vesuv, mit der Frage "Wie heißt dieser Vesuv"? Unten muss, um den Regressionszauber zu halten, auf alle Fälle das Insert "Die folgenden Sendungen beginnen mit Verspätung" durchlaufen.
Weil wir in einem alkholoaffinen Haushalt aufwachsen, haben wir ein Glas Steinobstwein ("Bolero") in den klebrigen Händen. Wenn es jetzt nicht nach frischgebackenem Kuchen zu duften beginnt, ist das nicht meine Regression. Die Mutter serviert das Backwerk, in meiner Fantasie ist es Malakofftorte, aber da muss ich noch nachjustieren, da meine Zwischenrecherchen ergeben haben, dass man da nichts backen muss. 
Wir stechen mit dem ersten Takt von "Thank you for being a friend" in den Kuchen. Bis wir geklärt haben, ob wir, wenn wir einmal alt sind, eher Blanche, Sophia, Rose oder Dorothy werden, steht das Tortendiagramm bei 50%. 
 

Dominika Meindl lebt und arbeitet in Linz, Wilhering und Wels als Schriftstellerin, Moderatorin, Journalistin und Literaturveranstalterin. Leitet gemeinsam mit Klaus Buttinger und René Monet die dienstälteste Lesebühne Österreichs, die Original Linzer Worte. Sprecherin der GAV OÖ. Bundespräsidentin der Republik Österreich. Lebt für das Tote Gebirge. „Eine Frau mit recht wenigen Eigenschaften“: www.dominikameindl.at

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